2025-08-25

Früher war alles ... anders?

Es gab für mich diese Zeit, Ende der 90er, Anfang der 2000er Jahre, da sind meine Erinnerungen ans Internet mit Unbeschwertheit und Freiheit verknüpft. Meine Eltern waren ziemlich planlos, was „das Internet“ anging. Sie, naja, meine Mutter, war mehr davon genervt, dass die Telefonleitung oft belegt war. Wir haben uns über die langen Einwahlzeiten, wenn die Leitung wieder frei war, geärgert. Was sich schlagartig mit ISDN änderte und sich durch DSL auf unglaubliche 768 kbit/s beschleunigte. Um die Zeit rum fing ich an, Webseiten zu programmieren. Tauschte mich in Foren mit Gleichgesinnten aus, versuchte, zu verstehen, wie Gästebücher programmiert wurden. Eine Bildergalerie. Ein Newsbereich. Und auf einmal war die eigene Webseite fertig. Andere Menschen konnten Grüße im Gästebuch dalassen und ich selbst konnte jede „Neuigkeit“, war sie noch so kurz, auf meine Homepage stellen.

24.02.2004 - Verdammt!
Ich muss noch zur Videothek!

Opa erzählt vom Krieg

2004 war das, als ich meinen ersten Blog gestartet habe. Eine Art Mikroblogging, bevor es Twitter gab. Wenn ich mir die Einträge von damals durchlese, durchzieht es mich ein wenig mit Fremdscham. Aber auch Nostalgie und ein Gefühl von „Früher war das Internet noch besser“. Meine Gedanken von damals sind ungefiltert so auf meiner Homepage gelandet. Keine Zeit damit verschwendet, darüber nachzudenken, ob das vernünftig war oder wie andere das bewerten werden. Zack. Raus. Für immer im Internet. Dank der Wayback-Machine. 946 Milliarden Webseiten, und eine davon ist mein erster Blog.

04.02.2006 - Britische Hochzeit
Für den einen seh ich aus wie ein Brite und für die andere bin ich der Schwiegersohn schlechthin. Mal sehen, ob ich in zehn Jahren auch noch so bin…

Ich muss schmunzeln, wenn ich mich durch das Internet-Archiv klicke und sehe, welche Versionen meiner Website alle gespeichert wurden. Wenn ich das jetzt so betrachte, ist es schon wild, was ich da alles rausgehauen habe. Was andere für sich in ihr privates Tagebuch geschrieben haben, ging bei mir in die breite Öffentlichkeit des Internets. Jetzt für mich unvorstellbar. Zu viel würde ich jeden Satz zerdenken. Von oben betrachten. Beleuchten, umdrehen, ob er denn genau so auch richtig und wichtig genug klingt. Wie würde der Satz vom Leser aufgenommen werden? Was würde sie denken? Würde sie es lustig oder gar lächerlich finden? Über mich lachen? Irgendwie auch absurd, wie viel Energie und Zeit ich damit verbringe, über unterstellte Gedanken und Gefühle von wildfremden Menschen zu grübeln. Statt mit den Schultern zu zucken, wie mein jüngeres Ich.

To be continued?

Knapp 20 Jahre später wage ich eine Fortsetzung der unkontrollierten Gedankenergüsse. Dezentral, nur für mich und natürlich für jede und jeden, der mitlesen und mitreisen möchte. Wie damals gibt es nicht wirklich einen Plan, wohin das Ganze führen wird. Ich versuche, meine Schere im Kopf, so gut es geht, zu ignorieren. Wird es immer klappen? I doubt it, aber versuchen kann ich es. Und wer weiß, vielleicht gibt es ja eine Fortsetzung der Herbstschmetterlinge.